REVIEW: SoKo „Feel Feelings“

SoKo möchte mit „Feel Feelings“ dafür sorgen, dass wir uns als Hörer unserer Affekte und deren Wirkung bewusster werden. Nicht immer eine leichte Aufgabe.

Was uns Menschen von Maschinen unterscheidet, ist unsere Gefühlswelt. Sie ist das Feuer, das unser Herz wärmt, es aber auch genauso schnell zum Erkalten bringen kann. Doch wie schaffen wir es, bei all der Ablenkung und Zerstreuung, die unser Alltag bietet, einen Zugang zu dieser unerschöpflichen Quelle emotionalen Erlebens zu behalten? Stéphanie Alexandra Mina Sokolinski – kurz SoKo – nutze dafür einen umfangreichen Retreat. Eine Woche lang verzichtete sie auf Sex, Medien, Rauschmittel, Yoga und Musik. Angefacht von dem psychologischen Effekt, den jene Entsagung mit sich brachte, rang sich die 34-Jährige im Anschluss ein Gelübde ab. Und zwar solange auf zwischenmenschliche Intimitäten zu verzichten, bis ihr neues Album Form angenommen hatte. Puh! Nun stellt sich aber die Frage, ob „Feel Feelings“ von der Last ungefilterter Liebe erdrückt wird oder ob die Platte durch all die ungeteilte Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwurde, ganz besonders aus dem Überangebot an Veröffentlichungen hervorzustechen vermag. Mit den Vorabsingles „Are You Magician“ und „Being Sad Is Not A Crime“ deutete SoKo jedenfalls an, dass “Feel Feelings” musikalisch bis dato unerforschtes Terrain beschreiten würde. Tatsächlich ist die LP deutlich psychedelischer und gelassener als die beiden ersten Alben der Französin. An manchen Stellen gar lasziv, was die bittersüße Naivität eines „I’ll Kill Her“ nahezu vergessen macht. Stattdessen werden Reminiszenzen an die Grandes Dames des Chansons, Künstlerinnen wie Francoise Hardy oder Brigitte Bardot, wachgerufen. SoKo schafft es, sich stilistisch neu auszurichten und ihr Werk mit einer ausgewogenen Portion an Innovationsgeist zu bereichern. Wenn dann am Ende, im finalen Track „Hurt Me With Your Ego“, auch noch der Herzschlag ihrer damals ungeborenen Tochter ertönt, dürfte das selbst den letzten Emotionsverweigerer nicht ungerührt lassen.

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