Woodkid stellt mit dem durchdachten, multimedialen Gesamtkunstwerk „S16“ selbst das Erbe seines gefeierten Debüts „The Golden Age“ (2013) in den Schatten.
Nur dann neue Songs zu schreiben, wenn man auch wirklich etwas zu sagen hat, das Bedarf einer Reflektiertheit, die in der modernen Popkultur immer häufiger ad absurdum geführt wird. Der Musikmarkt ist überflutet von nichtigen Fragmenten augenscheinlicher Schaffenskrisen. Und doch feiern wir diese, als seien sie der Schlüssel zu tiefer Erleuchtung. Anders verhält es sich mit Woodkids zweitem Album „S16“, für das sich der Franzose ganz bewusst fast sieben Jahre Zeit ließ. Einer Platte, die nicht nur konzipiert, sondern mit einem äußerst speziellen Eigenleben versehen wurde. Wie schon bei seinem Debüt brauchte es für Yoann Lemoine, wie Woodkid mit bürgerlichem Namen heißt, dabei in erster Linie eine Grundidee, in die er sich derart zu verlieben mochte, dass er rund um sie einen kompletten Kosmos erträumen wollte – inklusive visueller Inszenierungen und der Wahl entsprechend markanter Stilelemente für die tonale Ausstaffierung seiner Botschaften. Während bei „The Golden Age“ noch die Auseinandersetzung mit der Kirche und Lemoines Homosexualität im Vordergrund stand, entschied er sich, dieses Mal die Faszination für das vermeintlich Böse zum Leitmotiv seiner Arbeit zu erklären. Als vordergründige Metapher nutze er in diesem Zusammenhang die voranschreitende Technisierung unserer Gesellschaft, die mit Phänomenen wie der Toxizität unserer Lebenswelten einhergeht. Ferner spielte aber auch Schwefel, dessen ambivalente Rolle in Medizin und Landwirtschaft und die Tatsache, dass er in der Alchemie als Symbol für den Teufel verstanden wird, eine derart wichtige Rolle, das Woodkid dem chemischen Element schließlich den Titel seines Albums widmete. Die auf „S16“ präsentierten Überlegungen schlagen sich neben den Lyrics auch im Sounddesign der Platte nieder. Industrial-Klänge, schallernde Trommeln und blecherne Synthesizer, dominieren die Kulisse. Sie wirken gewaltig und kaum beherrschbar. Einzig der fragile Falsettgesang Lemoines sowie das Einpflegen von Chören, Bläser- und Streicherarrangements sorgen für einen Hauch von Organik und stehen in starkem Kontrast zu jedweder Künstlichkeit. „S16“ gehört zu den absoluten Highlights dieses eigentümlichen Jahres. Ein Album, das man keinesfalls verpassen darf!
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