INTERVIEW: Sophie Lindinger

Etwas von sich preiszugeben, macht verletzbar. Doch gibt es immer wieder mutige Künstler*innen, die dennoch nicht davor zurückschrecken, ihr Seelenleben mit ihren Zuhörer*innen zu teilen. Zum einen als Angebot einer Projektionsfläche, als eine Basis für Reflexionen, zum anderen aber auch, um abschließen zu können. Denn ähnlich wie innerhalb einer Therapie verliert so manch eine Sorge, manch ein schweres Gefühl oder ein bedrückender Gedanke ein Stück der ursprünglichen Wucht, sobald er ausgesprochen – oder eben ausgesungen – ist. Sophie Lindinger hat mit ihrem selbstbetitelten Solodebüt genau das getan. 

Sophie, du hast in Bands wie Leyya und My Ugly Clementine viele Erfahrungen sammeln können – auch, was den Umgang mit Erfolg innerhalb der Branche betrifft. Denkst du, das war eine wichtige Grundlage für deine Solokarriere? 

Natürlich habe ich da Erfahrung gesammelt, aber dass ich extra Strategien anwende, die ich gelernt habe, nur um mit meinem Solo-Projekt erfolgreich zu werden und das ganze Geld abzustauben, war nicht die Intention des Ganzen. Also gar keine Grundlage, um ehrlich zu sein. Das Album ist entstanden, um mir selbst in einer schweren Zeit ein Ventil zu geben. Ich hatte anfangs gar nicht den Plan, etwas davon zu veröffentlichen.

Was sind aus deiner Sicht die Vorteile, was aber auch die Nachteile, solo unterwegs zu sein?

Du trägst die Verantwortung für alles selbst. Es gibt keine Band, hinter der man sich verstecken kann. Man ist sozusagen allein. Quasi nackt auf einem Präsentierteller mit seinen Songs, die in meinem Fall die intimsten Stücke sind, die ich jemals geschrieben habe. Aber es ist auch schön, keine Kompromisse eingehen zu müssen, alleine entscheiden zu können, wie ich etwas haben will, und auf eine ganz andere Art Verbindung mit den Hörer*innen aufzubauen.

Stilistisch gehst du mit deinen eigenen Sachen neue Wege. Womit fühlst du dich musikalisch am wohlsten? 

Ich denke nie darüber nach, in welche Sound-Richtung ich mit Songs gehen will. Ich fühle die Stücke und fühle, wie sie klingen sollen. Die Tracks der LP sind sehr fragil und lassen keinen Platz für eine pompöse oder schwere Produktion. Sie sind thematisch schwer genug. Außerdem liebe ich die Echtheit der Arrangements. Es hat sich so wie es ist richtig angefühlt und stellt eine Momentaufnahme meines Sounds dar. Wie auch die Musik von vor ein paar Jahren eine Momentaufnahme war. Wer weiß, vielleicht ist irgendwann instrumentale Clubmusik meine Momentaufnahme.

Es heißt, dein Debütalbum zu realisieren, kam dem Schreiben eines Tagebuchs gleich. Wie fühlt es sich an, wenn nun plötzlich jeder Einblick in dieses hat?

Es ist ein weiter Schritt im Verarbeitungsprozess. Ich gebe diese Geschichte nun weiter. Weg von mir. 

Musik zu machen, scheint generell etwas höchst Intimes, Persönliches für dich zu sein. Wie schaffst du es, dir das zu bewahren, wo es ja auch ums Geld verdienen geht?

Ich habe keine andere Wahl. Der Drang zu schreiben geht nicht weg. Es stauen sich oft so viele Emotionen an, oder es gibt so viel zu verarbeiten, dass ich es auslagern muss. Und dieses Auslagern ist meine Musik. Ich packe es quasi von etwas Mentalem in etwas Physisches und kann dadurch besser damit umgehen. Es vergeht nicht. 

Weshalb hast du dich entschieden, dein Erstlingswerk mit deinem eigenen Namen als Titel zu versehen?

Ich habe sehr lange überlegt, welches Wort oder welcher Satz die Thematik gut einfassen könnte. Nichts machte aber wirklich Sinn für mich. Als ich dann realisiert habe, dass man Alben ja auch einfach nach sich selbst benennen kann, hat es plötzlich Klick gemacht. Das Album ist so emotional und roh, es ist die Enthüllung eines großen Teils von mir. 

Worauf freust du dich in den nächsten Wochen und Monaten am meisten, was die Promotion deines Albums angeht? 

Ich freue mich auf alles! Ich habe auch eine Ausstellung meiner Bilder geplant, die ich in derselben Zeit gemalt habe wie das Album. Ich freue mich auf Sessions, Publikums-Feedback bei Konzerten, die Songs live mit Band umzusetzen und so weiter.

Wie würdest du die Indieszene in Österreich, deiner Heimat, beschreiben? Gibt es aus deiner Sicht irgendwelche typischen Besonderheiten?

Die Musikszene in Österreich ist sehr vielfältig. Sie bewegt sich genauso mit den Trends wie der Rest der Welt.

Was wünschst du dir für deine Zukunft?

Viele Begegnungen. Viele Gefühle. Viel Freude. Viele Reisen.

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