Die EP „Epilogue“ markiert den Beginn einer interessanten Karriere. Arabella Rauch alias JOSIN zählt zu den großen Hoffnungen des Downtempo-Genres. Für uns öffnet die charmante Songwriterin die Tür in ihr Universum.
Woher rührt dein Künstlerpseudonym JOSIN?
„JOSIN ist ein Fantasiewort, bei dem ich einfach nach dem Klang gegangen bin. Ich wollte, dass es etwas Abstraktes ist. Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass es ein Name ist. Mist. Vor ein paar Jahren war ich der Meinung, ein Alter Ego zu brauchen, das mir eine gewisse Anonymität verleiht, die mir irgendwie über meine Schüchternheit hinweghilft. Aber das ist eigentlich Quatsch, da es sowieso keine Trennlinie gibt. Alles, was ich als Künstlerin tue, bin zu hundert Prozent ich.“
Was bedeutet Musik für dich?
„Musik und vor allem das Musikmachen sind der Weg und nicht das Ziel. Sie verändern sich und dich ständig und sind nie fassbar. Zwar wünscht man sich das manchmal, aber es geht nicht und man muss akzeptieren, dass man nichts planen kann. Die Musik und meine Zufriedenheit, mit dem, was ich da kreiere, sind mein größter Glücklich- und Unglücklichmacher.“
Du kommst aus einer sehr musikalischen Familie. Fluch oder Segen?
„Haha, beides. Früher habe ich mir immer eine ganz normale Familie gewünscht, aber mittlerweile bin ich sehr dankbar für meine verrückte Kindheit und den frühen Zugang zur klassischen Musik. Ich kann aber nicht behaupten, dass es einfacher ist, aus einer musikalischen Familie heraus selbst Musik zu machen. Es war schon ein kleiner Kampf, meinen Eltern verstehen zu geben, dass ich auch Musikerin sein möchte. Sie haben sich für mich eine akademische Laufbahn gewünscht.“
Dem bist du auch erst nachgekommen, bis du dich dazu durchgerungen hast, dein Medizinstudium zugunsten des Komponierens und Singens aufzugeben. Eine mutige und passionierte Entscheidung. Wie bewertest du sie mit etwas Abstand?
„Ich denke, dass es die richtige Entscheidung war! Natürlich wirft der Weg des kreativen Schaffens viel mehr Fragen und auch Zweifel auf, aber ohne die Musik wäre ich nicht komplett, das weiß ich heute mit Sicherheit.“
Kannst du dich an das Gefühl erinnern, als du das erste Mal einen deiner Songs außerhalb der eigenen vier Wände gehört hast? Wie und wo war das?
„Ich war in Berlin bei Freunden und das Radio lief. Dann kam eine Ansage: JOSIN… ihre Songs… etc… und hier ist ‚Evaporation‘. Ich hab es erstmal gar nicht gecheckt. Es war ein komisches Gefühl! Die Minuten kamen mir endlos lang vor und ich habe das Stück zum ersten Mal wie ein Außenstehender gehört. Normalerweise verschmilzt man immer total mit den Songs und hört sie auch ganz anders. Das war plötzlich total nackt!“
Wie viel Druck verspürst du als Newcomerin, nicht im allgemeinen Getümmel unterzugehen?
„Eigentlich verspüre ich gar keinen Druck. Ich weiß, dass er immens ist, aber ich fühle ihn nicht. Das liegt aber daran, dass ich ein sehr unrepräsentativer Musikkonsument bin, der sehr wenig Musik hört und eigentlich gar nicht so richtig weiß, was da draußen los ist.
Im Pressetext zu deiner EP „Epilogue“ heißt es „JOSIN hat überhaupt ein ziemlich klares Bild von dem, was sie will. Sie gibt sich große Mühe, Zwänge und Stereotypen zu vermeiden, denn sie möchte einfach ihrer Leidenschaft folgen.“ Von welchen Zwängen und Stereotypen ist da die Rede? Und was unternimmst du, um ihnen nicht zu verfallen?
„Damit sind eher die Regeln der Popmusik gemeint. Klassischer Songaufbau, klare Refrains etc. Ich versuche, die Strukturen nicht krampfhaft einzuhalten oder einen Refrain in eine Radiohymne zu verwandeln. Dadurch fehlt es vielleicht manchmal an Eingängigkeit, aber es ist eben so, wie es sich für mich richtig anfühlt.“
„Epilogue“ ist deine Debüt-EP. Worum dreht sich die Platte thematisch?
„Es geht um Emotionen und persönliche Auseinandersetzungen mit diesen. ‚Oh Boy‘ und ‚Feral Thing‘ setzen sich zum Beispiel mit dem Thema der unerwiderten Liebe auseinander, der Liebe ohne Gegenliebe, wohingegen ‚Midnight Sun‘ der erste Song ist, in dem ich es geschafft habe, aus einer erfüllten, positiven Perspektive heraus zu erzählen. ‚Evaporation‘ ist mein persönlichster Track. Ich verarbeite darin meine erste Erfahrung mit dem Tod einer geliebten Person. Es klingt vielleicht komisch, aber dies ist das hoffnungsvollste Stück der Platte. ‚Epilogue‘ heißt die EP, weil ich die Songs meiner ersten Epoche als JOSIN zuschreibe und unter einem Epilog nicht nur den Abschluss einer Sache, sondern auch die Fortsetzung einer neuen verstehe.“
Ist das Songschreiben für dich eine Art Verarbeitungsprozess, wie für viele deiner Kollegen, oder ein rein kreativer Prozess, ohne persönlichen Bezug?
„Das kommt immer auf den Song an. Manche sind sehr persönlich und entstehen auf Grundlage eines tatsächlich erlebten Gefühls, das man gerne einfangen oder sogar weiterspinnen möchte. Aber viele meiner Stücke gehen auch auf die Musik und das Thema zurück. Die Lyrics sind dann eher so etwas wie eine Konsequenz der Melodien und Harmonien.“
Deine bisherigen Veröffentlichungen erschienen einzig digital und auf Vinyl. Weshalb nur auf diesen Medien?
„Digital ist heute selbstverständlich, aber Vinyl war eine Entscheidung, die wir, mein Label, mein Management und ich, zusammen gefällt haben. Wir fanden Vinyl einfach schöner, auch wenn das vielleicht eine kleinere Zielgruppe anspricht.“
Ein Redakteur warf in einem Artikel den Vergleich zwischen dir, beziehungsweise deiner Musik, und Thom Yorke auf. Auch wir würden uns dem anschließen wollen. Wie nimmst du eine solche Aussage persönlich wahr?
„Thom Yorke ist einer meiner größten musikalischen Helden. Ein nur annähernder Vergleich ist ein riesen Kompliment für mich, aber natürlich möchte ich auch vor allem für das, was mich von anderen Künstlern unterscheidet, wahrgenommen werden.“
Wer sind andere musikalische Vorbilder für dich? Woher beziehst du deine Inspiration?
„Da gibt es einige. Björk, Bon Iver oder Sigur Rós. Ihre Musik hat einen großen Einfluss auf mich und hat meine Soundästhetik geformt. Aber die letztendliche Inspiration ziehe ich meistens aus Momenten, in denen ich alleine bin und einem bestimmten Gefühl nachgehen kann. Am besten schaffe ich das in der Natur. Wenn mich eine Landschaft berührt, kann ich mich in so viele unterschiedliche Stimmungen versetzen, und das bestimmt dann immer den Kern eines Songs.“
Wenn du einen Wunsch freihättest, der sich sofort erfüllen würde, welcher wäre das?
„Ich wäre gerne eine Veganerin, die keinen echten Käse vermisst, viele Konzerte spielt, aber dennoch sehr viel Zeit zum Produzieren und Schreiben hat, und gleichzeitig in mindestens drei Ländern lebt. Geht das?“
Wir geben es weiter. Wann dürfen wir mit deinem ersten Album rechnen?
„Es stehen schon einige Songs und mit der Produktion fange ich in den nächsten Wochen an. Wenn alles gut läuft, kommt es Anfang 2018, vielleicht im Februar, raus!“
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