Fieberträume haben – trotz aller Gefahren und Unannehmlichkeiten – etwas wirklich Faszinierendes an sich. Wenn der Körper seine Kraftwerke in Alarmbereitschaft versetzt, seine Öfen anfeuert und eine Hitzewelle nach der nächsten ausschickt, um feindliche Erreger zu bekämpfen, zieht das häufig auch ein mentales Delirium nach sich. Der Verstand verliert sich dann in quälenden Endlosschleifen, wirren Gedanken und wahnwitzigen Ideen, die aber allesamt auf unser Unbewusstes zurückgehen und einzig den Blickwinkel auf die Welt, wie wir sie kennen, verzerren. Lässt man sich auf das entstehende Chaos ein, lassen sich manchmal sogar spannende Denkansätze identifizieren, die man mit klarem Kopf bielleicht übersehen hätte. Anstatt nun aber loszugehen und sich dem nächstbesten Unbekannten mit Triefnase an den Hals zu schmeißen, um besagten Zustand kognitiver Benommenheit zu erreichen, tut es eventuell auch das vierte Studioalbum von Everything Everything. Dieses hat deutlich weniger Nebenwirkungen zu verzeichnen, als eine ausgewachsene Grippe, wobei vor starken Ohrwürmern, Zuckungen in Beinen und Armen und kurzzeitigem Stimmverlust nach zuviel Mitsingen gewarnt werden muss.
Um es vorwegzunehmen, Everything Everythings „A Fever Dream“ ist nicht nur das mit Abstand spannendste Werk aus der Schmiede der vier Briten, es ist darüber hinaus auch eine Platte, die neue Maßstäbe in Sachen Fusionskunst setzt. Waren Jonathan Higgs, Jeremy Pritchard, Michael Spearman und Alex Robertshaw bereits zu Beginn ihrer Karriere dafür bekannt, dass sie sich bei ihren Kompositionen gern auf mehr als nur ein stilistisches Standbein stützen, wirkt das, was das Quartett auf „A Fever Dream“ veranstaltet, schlichtweg revolutionär. Noch nie klang ein Gemisch aus Indierock, Electronica und Pop infizierender. Vom ersten bis zum letzten Song besticht die Platte durch ihre Unnachgiebigkeit, was Spannung und Dynamik betrifft. Dabei ist es egal, ob Everything Everything bewusst zu Uptempo-Beats greifen oder leisere Töne anschlagen. „A Fever Dream“ ist ein Album, das Acts wie Bloc Party vor dem Absturz hätte bewahren können, als sie sich auf den Weg in Richtung discotauglicherer Sounds machten. Verloren ihre gefeierten Genrekollegen bei entsprechenden Versuchen neben Hörern vor allem auch deutlich an Anspruch, entfalten Everything Everything unter dem Stroboskoplicht hingegen ein schier ungreifbares Potenzial. Eine wirkliche Überraschung!
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