REVIEW: PJ Harvey „Let England Shake – Demos“

Ein Geschenk zum zehnten Geburtstag: PJ Harvey stellt ihrem preisgekrönten „Let England Shake“ seine spröden Blaupausen zur Seite.

PJ Harvey liefert uns mit der sukzessiven Veröffentlichung der Demo-Versionen ihrer Alben einen der wohl umfangreichsten und intimsten Archiv-Einblicke der Musikgeschichte. Nun ist es das mit dem Mercury Prize ausgezeichnete „Let England Shake“ aus dem Jahre 2011, dessen Vinyl-Re-Issue von einer weiteren LP begleitet wird, auf der sich die Ursprungsaufnahmen zu Titeln wie „The Words That Maketh Murder“ oder „The Glorious Land“ finden lassen. Nicht nur Fans dürfte dabei das Herz aufgehen. Denn die Möglichkeit, derart ungeschliffenes Material hören zu können, berührt. Als könne man nachträglich der Geburtsstunde eines der aus Sicht unserer Redaktion wichtigsten akustischen Werke der Moderne beiwohnen. Einem Meilenstein des feministischen Alternative-Rocks. Mit der Herausgabe dieser Aufnahmen macht sich Polly Jean Harvey angreifbarer als viele ihrer Kolleg*innen. Ungeschönt präsentiert sie ihr Talent, bevor dieses weiteren Bearbeitungsschritten ausgesetzt war. Natürlich bricht hier und da mal ein Ton, rutschen die Finger dann und wann zu schnell oder zu langsam über die Saiten der E-Gitarre, aber genau das macht den Reiz dieses Werkes aus. Das Imperfekte lässt die Kunst der in Dorset geborenen Songwriterin greifbarer denn je erscheinen. Als stünde man nach unzähligen nervenzerreibenden Streifzügen endlich vor dem sprichwörtlichen Heiligen Gral, dessen Antlitz alles zu überstrahlen vermag. Thematisch widmen sich die Demos genauso wie die fertigen Stücke auf „Let England Shake“ der bewegten Kriegsgeschichte des britischen Empires. Das Konzeptalbum erforscht die ambivalente Faszination der Engländer für Leid und Leidenschaft und illustriert die Schneise aus Verwüstung, Tod und Trauer, die all die Kämpfe mit sich brachten, anhand rauer, Mark erschütternder Melodien. „Let England Shake – Demos“ erhöht den emotionalen Kontrast von Harveys Botschaften noch einmal drastisch. Herausragend!


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