Aus psychedelischem Shoegaze wird gedankenverlorener Dream Pop: Warpaint feilen mit „Radiate Like This“ weiter an ihrem Stil.
Die Pandemie hat viele Menschen zu Einzelkämpfer*innen gemacht. Auch Warpaint können davon ein Lied singen – beziehungsweise sogar zehn Lieder, denn während der Entstehung ihres neuen Albums „Radiate Like This“ waren Emily, Jenny Lee, Stella und Theresa mehr denn je auf sich allein gestellt. Statt gemeinsamer Jam Sessions, die sie in der Vergangenheit genutzt hatten, um an Songideen zu arbeiten, mussten sie dieses Mal auf digitale Ersatzlösungen zurückgreifen, da sie quer über den Globus verteilt waren und verschiedensten Lockdown-Regelungen Folge zu leisten hatten. Fleißig schickten sie Entwürfe, Gesangsaufnahmen und Instrumentalparts hin und her und setzten am Ende alles zu einem wirklich gelungenen Gesamtwerk zusammen. „Radiate Like This“ ist die mit Abstand sanfteste Platte der Frauentruppe, die 2004 in Kalifornien zueinandergefunden hatte. Waren es auf früheren Veröffentlichungen raue, kantige Tracks, für die die Fans und Kritiker Warpaint feierten, wirken Stücke wie „Stevie“, „Trouble“ oder „Altar“ ungewöhnlich leicht, unbeschwert, gar sommerlich, was aber nicht bedeutet, dass die Damen E-Gitarren-Riffs und Schlagzeugpassagen völlig aus dem Programm gestrichen haben. Sie kommen nur deutlich stiller und weniger aufgeheizt daher, als man es vielleicht erwartet hätte. Genauso wie die Musikerinnen selbst hat sich nur eben auch ihre Art, Songs zu akzentuieren, verändert. Alles wirkt durchdachter, weniger ungestüm. Das dürfte manch einen freuen und manch anderen nicht. Sich und den eigenen Impulsen treu zu bleiben, ihnen nachzugeben und mit Lust das zu tun, was sich richtig anfühlt, war aber schon immer das erklärte Ziel von Warpaint und genau das verkörpert auch „Radiate Like This“ zu hundert Prozent.

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