Für mehr Seele im Techno: „Motherhood“ von Allan Shotter ist ein klangvoller, inspirierender Anker in dem oft von Sturm und Drang gebeutelten Genre.
Elektronische Musik kann weitaus mehr, als als reine Untermalung für durchfeierte Nächte herzuhalten. Wenngleich ihr Wesen oft mit Exzess und Rausch assoziiert wird, ist sie doch eher eine Art Taktgeber. Ein Motor für das (bewegte) Leben und weniger für dessen Zerstörung. Allan Shotter, einst Mitglied und kreatives Genie hinter dem Projekt Vittoria Fleet, widmet sich innerhalb seines Soloschaffens den unterschiedlichen Aspekten technoider, artifizieller Klänge. Ohne auf Effekthascherei setzen zu müssen, wie es viele seiner Kolleg*innen tun, wenn sie ihr Publikum teasen und auf eine sich anstauende Beatexplosion vorbereiten, erkundet er lieber neugierig die fein differenzierten Zwischentöne an den Grenzen zu IDM, Deep House und Ambient. Was er dort an Harmonien und Melodien destilliert, nutzt der Brite als Unterfütterung für seine rhythmischen Sounds. Das nämlich macht seine Musik aus. Dass er in die Tiefe geht, wo andere nur an der Oberfläche kratzen. Treibend, aber nicht drückend, kreativ, aber nicht abgedroschen, reflektiert, aber nicht großspurig – all das ist „Motherhood“, die neue EP von Allan Shotter. Er gibt den sechs darauf befindlichen Tracks Zeit, zu wachsen, verliert sich aber nicht in Endloswiederholungen, sondern weiß genau im richtigen Moment Umbrüche zu wagen und verspielte Elemente einzustreuen. Als Hörer*in wir man von der schwelenden Dynamik der EP umhüllt wie von dicken Rauschwaden, die aus der Nebelmaschine eines Nachtclubs kriechen und immer wieder von laserartigen Lichtern koloriert und durchschnitten werden. „Motherhood“ ist mit einer Laufzeit von rund zwanzig Minuten ein kurzer aber äußerst intensiver Trip. Einer, dem man sich sowohl allein als auch tanzend zusammen mit anderen Menschen hingeben kann.

Kommentar verfassen