Für waschechte Berliner gibt es fast nichts Schöneres, als an freien Tagen die Sachen zu packen, sie in den Kofferraum eines Autos oder in das Gepäckfach eines Regionalzugs zu schmeißen und in Richtung Ostsee zu fahren. Die Hauptstädter – und da schließen wir unsere Redaktion mit ein – lieben das Baltische Meer und haben es bereits vor Jahrzehnten zu ihrem Ausflugsort Nummer eins erklärt. Doch was, wenn der Tank leer, das Portemonnaie ausgeschlachtet oder die freie Zeit am Wochenende bereits vollends verplant ist? Eine probate Alternative: Christian Löfflers neues Album „Mare“. Auf seinem Zweitwerk vereint das gefeierte Electro-Wunderkind sanften IDM mit Field Recordings und einem Hauch von Pop. Entstanden ist „Mare“ zu großen Teilen auf der schönsten aller Ostseehalbinseln, dem Darß. Unweit vom Meer, umringt von den für die Gegend typischen Waldkiefern, verwandelte Löffler die Terrasse seines Rückzugsorts zu einem Studio. Sofern es die Witterungsbedingungen zuließen, tüftelte er unter freiem Himmel an seinen Sounds und versuchte gleichzeitig, die Atmosphäre, die ihn umgab, mit in diese einfließen zu lassen.
Mit insgesamt 17 Tracks ist „Mare“ eine recht umfangreiche LP geworden, die jedoch weniger einen Albumcharakter, als viel mehr den eines durchdachten Chill-Out-Sets besitzt. Songs wie „Nil“ und „Swim“ fließen förmlich ineinander über und weichen dabei sämtliche Trackgrenzen auf. Generell scheinen Flüssigkeitsmetaphern am geeignetsten, um „Mare“ zu beschrieben. Wassertropfen, die auf kalten Steinen abperlen, zarte Wellenausläufer an einem windstillen Strand oder diffuse Lichtreflexionen in der Tiefsee. Zusammen mit Sängerin Mohna (Me Suceeds), die den Titeln „Haul“, „Mare“, „Vind“ und „Wilderness“ ihre Stimme lieh, stürzt sich Löffler bereitwillig in die akustischen Fluten. Eine Kollaboration, die nicht nur vielversprechend, sondern nahezu perfekt gewählt zu sein scheint. Der zurückgenommene Gesang Mohnas auf den ausladenden Synthieflächen entwickelt sich zu einer harmonischen Symbiose, die fesselt, ohne allzu aufdringlich zu sein. Und auch Löffler selbst weiß mit Vocalperformances zu überzeugen, wie der Song „Lid“ beweist.
„Mare“ ermöglicht dem Hörer eine 76-minütige Alltagsflucht. Einen mentalen Kurztrip zur Ostsee, bei dem man förmlich das Salz auf der Haut spüren kann.
danke für diesen tollen blog 🙂
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Wir danken für das Leseinteresse!
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