Jedes Genre hat seine Pioniere und Wegbereiter. Als der Indiepop Anfang der 00er Jahre eine erneute Hochzeit feiern durfte, die weitestgehend bis heute anhält, kam man in Europa um einen Namen nicht mehr herum: Jens Lekman. Der Schwede kämpfte sich 2004 mit seinem Debüt „When I Said I Wanted To Be Your Dog” in die Herzen der Hörer und verweilt dort bis heute – wenngleich einer seiner größten Erfolge, der Track „Pocketful Of Money“, hierzulande erst durch die Wiederverwertung der Instrumentierung in dem Stück „Thirteen Thirtyfive“ von Dillon an die Oberfläche gespült wurde. Doch auch ohne diesen Querverweis lassen sich in Lekmans Diskografie zahlreiche wichtige Referenzen finden, die die Entwicklung des Indiepops über die letzten zwei Dekaden recht treffend dokumentieren. Auch sein neues Album „Life Will See You Know“ bedient sich einer auditiven Bandbreite, die sich klar auf die Hörgewohnheiten jener Generation stützt, die früher regelmäßig in die angesagtesten Indiediskos stürmte, um dort den Feierabend zu zelebrieren.
Lekman, mittlerweile 36 und um zahlreiche Haare seiner einstigen Mähne erleichtert, bewegt sich auf „Life Will See You Now“ aus der eigenen Komfortzone heraus, singt nicht mehr über Frauen, die sein Empfinden ins Wanken gebracht haben, sondern nimmt eine Perspektive ein, die so manch einem Mann in den Dreißigern beschäftigen dürfte. Wer bin ich? Wo stehe ich? Und wo will ich hin? Von einem egozentrischeren, maskulinen Startpunkt ausgehend tanzt er sich durch discotaugliche Rhythmen und fröhlich anmutende Melodien. Obwohl dabei musikalisch gesehen ein recht heiterer, schwereloser Eindruck entstehen mag, befasst sich Lekman auf textlicher Ebene mit den Problemen und Schwierigkeiten, die das Mannsein zu Beginn des 21. Jahrhunderts mit sich bringt. Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen, hat die sicherlich notwendige Emanzipation des weiblichen Geschlechts dazu geführt, dass ein starkes Ungleichgewicht auf der anderen Seite entsteht. Und Lekman deutet auf die daraus resultierende Unsicherheit mit seinem Gespür für Geschichten erzählende Lyrics. Bossa Nova-, Samba- und Calipso-Einflüsse tragen seine Botschaften in die Welt hinaus und geben zusammen mit klassischer Liedermacher-Kunst eine interessante Mischung ab. Obwohl Jens Lekmans „Life Will See You Now“ das akustische Rad nicht völlig neu erfinden mag, schafft es die Platte, erhobenen Hauptes neben Werken Morriseys oder von The Divine Comedy Platz zu nehmen. Ein bisschen weniger Gefälligkeit, wie es der Track „Postcard #17“ andeutet, darf es dann beim nächsten Mal aber wieder sein!
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