REVIEW: Zoot Woman „Absence“

Wer zwanzig Jahre in einem Business wie der Musikbranche überleben will, der braucht neben Nerven und Durchhaltevermögen auch Ideenreichtum. Sich immer wieder neu zu erfinden, dabei aber dem alten Stil noch soweit treu zu bleiben, dass Fans und Kritiker bei der Entfaltung der akustischen Identität folgen können, das ist ein Balanceakt, der viele Künstler irgendwann zu Fall bringt. Ende der Neunziger Jahre waren es Stuart Price und sein Kumpel Adam Blake, die eine gemeinsame Vision teilten. Sie wollten clubtaugliche Songs produzieren, die aber auch kantig genug klingen würden, um fern des Mainstreams zu funktionieren. Um dies zu erreichen, impften sie ihre Melodien mit Elementen aus New Wave und Punk. Später steuerte dann Blakes jüngerer Bruder Johnny noch die passenden Vocals bei, mit deren Hilfe Zoot Woman, wie sich das Trio nennt, 2001 schließlich der internationale Durchbruch gelang. Der Mut der drei Briten, sich nicht von vermeintlichen stilistischen Unvereinbarkeiten begrenzen zu lassen, sondern stets der eigenen Intuition zu folgen, sorgte dafür, dass sie heute als Vorreiter des Electroclashs gelten. Nach dem zuletzt veröffentlichten, recht gefälligen „Star Climbing“ (2014) besinnen sich Zoot Woman auf dem Nachfolger „Absence“ erneut ihrer Stärken.

„Das Album beschäftigt sich in vielen Songs mit dem Thema Abwesenheit. Sei es das Fehlen einer Person, einer Emotion oder von etwas anderem.“, sagt Johnny Blake über „Absence“. Und auch, wenn Sehnsucht nicht das vordergründige Klangmotiv der elf neuen Tracks sein mag, sind Blakes Gesangsparts doch stets von einer sanften Melancholie durchtränkt, die allem Widerspruch zu trotzt herrlich zu den treibenden elektronischen Beats und Synthesizern des Trios passt. Zoot Woman verstehen es nach wie vor, den akustischen Mixer anzuschmeißen. Sie tun das mit einer Coolness und Verbindlichkeit, die sie von vielen ihrer Kollegen unterscheidet. Das Original ist eben doch immer noch am besten. Wer Electroclash in seiner Reinform möchte, darf sich „Absence“ keinesfalls nicht entgehen lassen. Statt sich einzig auf alte Erfolgsrezepte zu verlassen, die Price und die Blakes zwar durchaus wieder aus der Schublade geholt, denen sie aber neue Zutaten hinzugefügt haben, wagen Zoot Woman auf ihrem fünften Studioalbum auch Schritte, die man nicht unbedingt von ihnen erwartet hätte. So luden sie beispielsweise Kylie Minogue ins Studio ein, um „Still Feels Like The First Time“ ihre Stimme zu leihen. Dass das australische Popsternchen durchaus zu Indietronica und Co. passt, bewies zuletzt ihr Auftritt auf dem Melt! Festival, bei dem sie das Publikum frenetisch feierte. Aber auch auf „Absence“ macht Minogue eine gute Figur und verpasst der Platte noch ein wenig mehr Salz in der sonst schon delikaten Suppe.

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