Seit Beginn ihrer Karriere galt Ladan Hussein alias Cold Specks als unbestrittene Wegbereiterin des Doom Souls, eines mit Voodookult und düsterer Melancholie assoziierten Genres. Nicht ganz unverständlich, hatte sie jenen Ausdruck schließlich selbst geprägt, um den Stil ihres ersten Albums „I Predict A Graceful Expulsion“ (2012) zu beschreiben. Das Problem ist nur, dass wenn eine Schublade einmal von Kritikern und Publikum entdeckt worden ist, es in der Folge fast unmöglich wird, als Künstler nicht wieder und wieder in diese sortiert zu werden. Das musste auch Hussein erschrocken feststellen, als sie ihr Erfolgsdebüt hinter sich ließ und Interviews und Pressetermine für den Nachfolger „Neuroplasticity“ (2014) ansetze. Der Doom Soul klebte an ihr, wie ein festgetretener Kaugummi an einer Schulsohle. Statt sich nun aber mühevoll ab- beziehungsweise freizustrampeln, akzeptierte Hussein diese Tatsache schlicht und ergreifend – sprach ihre akustische Entwicklung doch für sich selbst. Mit „Fool’s Paradise“ gipfelt diese in einer dystopischen Ausgabe bittersüßen Synthie-Pops.
Mogadischu, einer Stadt am Indischen Ozean, entspringen Husseins Wurzeln. Ihre Familie war einst aus der von Krieg und Zerstörung gebeutelten Metropole geflohen und nach Kanada übergesiedelt. Dort wuchs Hussein auf, während in ihrer Brust zwei Herzen schlugen. Auf „Fool’s Paradise“ blickt sie nun zurück und malt ihr ganz eigenes Bild einer einst blühenden Stadt am Meer. Optimistischer und sinnlicher als auf den Vorgängern, hüllt sie ihre Lyrics in elektrifizierte Texturen. Zwar bleibt ihr eindringlicher Gesang dem Soul treu, nur sorgen im selben Moment beschleunigte Beats und breit angelegte Synthesizerflächen für einen völlig neuen Gesamteindruck bezüglich Husseins Songwriting. Unbeeindruckt vollzieht sie einen Imagewechsel par excellence und tanzt leichtfüßig auf dem Grab des Doom Souls, den sie schon lange für tot erklärt hat – ob es die Öffentlichkeit wahrhaben möchte oder nicht. „Fool’s Paradise“ ist ein weiterer Befreiungsschlag auf Cold Specks Weg hin zu einer der bedeutenderen Künstlerinnen unserer Zeit. Kein Wunder, dass in der Vergangenheit auch Acts wie Moby und Massive Attack der Kanadierin verfallen sind und sie als Gastsängerin featurten.
Kommentar verfassen