Darf man im Alter von elf Jahren schon feststellen, dass die Zeit zu rennen scheint? Dass man einem Sog unterzogen ist, der auf etwas hinausläuft, das ganz und gar nicht greifbar ist?
2012 gründeten wir unser Online-Magazin EINEN HAB ICH NOCH und hätten uns nicht einmal im Ansatz vorstellen können, was daraus werden würde. Hier sind wir nun aber – noch immer, möchte man sagen. Denn wie wir gern betonen, ist die Musikbranche und allem voran der Musikjournalismus dabei, zu sterben. Mit großem Entsetzen mussten wir in den letzten Monaten beobachten, wie immer mehr Künstler*innen ihre Konzerte und Touren absagen mussten, weil diese für sie plötzlich mehr finanzielles Risiko als verlässliche Einnahmequelle darstellten. Eine Entwicklung, die uns traurig stimmt. Mit der Pandemie sind die Preise für alles Mögliche explodiert. Außerdem haben die Menschen in ihrer Isolation gelernt, dass es nirgendwo schöner ist als zuhause. Der erhoffte Sturm auf Live-Veranstaltungen blieb trotz Lockerung von Schutzbedingungen vielerorts aus. Hinzukommen die Klimakrise und der Krieg in Europa, die nicht nur massiv wachsende Energiepreise, sondern auch einen unverschweigbaren Rohstoffmangel nach sich ziehen. Etliche Vinylproduktionen wurden in der Folge ausgesetzt oder verschoben. Und dann wäre da noch das Phänomen der verkürzten Aufmerksamkeitsspannen. Schafft es ein Song oder ein Album, mehr als zwei, drei Wochen im kollektiven Gedächtnis zu bleiben, dann hat das leider Seltenheitswert. Doch wie kann man all diesen Hiobsbotschaften standhalten? Unsere Antwort: Indem man den Fokus auf das verschiebt, was die Welt und die Menschen verbindet, LIEBE und MUSIK!
Unverwüstlich und im tiefsten Herzen optimistisch haben wir auch in den letzte 12 Monaten wieder unsere Segel gehisst und sind von einem spannenden Release zum nächsten gesegelt, haben uns auf Liveshows treiben lassen und uns mit anderen darüber ausgetauscht, was sie und uns bewegt.
2022 brachte uns etliche spannende Konzertpräsentationen – wenn wir zum Beispiel an Rósín Murphy, Wolf Alice, Totally Enormous Extinct Dinosaurs, SOHN, die Shout Out Louds oder 2Raumwohnung zurückdenken -, unsere neue Rubrik „Geknipst“ und die meisten Klicks, die unsere Website seit Beginn verzeichnen durfte.
Wir danken jedem und jeder Einzelnen von euch, dass ihr das Interesse an uns nach wie vor nicht verloren habt und möchten euch auch 2023 mit vielen Reviews, Live-Acts und Verlosungen belohnen!
Wer uns kennt, der weiß, dass zu einem echten Jubiläum für uns auch immer ein paar Gratulanten gehören. Dieses Jahr konnten wir gleich zwei mehr als talentierte Musiker*innen dafür gewinnen, uns mit einem exklusiven kleinen Ständchen zu erfreuen und von ihren ganz eigenen Geburtstagserfahrungen und -vorstellungen zu berichten. Neben der in Berlin ansässigen norwegisch-irischen Songwriterin Tara Nome Doyle, die mit „Værmin“ zuletzt ein wirklich beachtliches Album vorlegte, erklärte sich auch Patrick Föllmer dazu bereit, die Toren und Türen seines lilabungalows aufzustoßen, um das darin produzierte Geburtstagsständchen nach draußen dringen zu lassen. Hinzukommt – im Header dieses Artikels – eine neue wunderschöne Illustration unserer Lieblingsgestalterin Annelie Tesch (vonannelie), der wir den Großteil der Aufmachung unserer Website und Social-Media-Auftritte zu verdanken haben. Grazie, merci und thank you, dass ihr drei unser Projekt mit eurer Kreativität unterstützt!
Tara, wie sah dein bisher tollster Geburtstag aus?
„Ich weiß nicht, welcher mein bester Geburtstag war, aber mein letzter, der 25., war definitiv sehr denkwürdig. Ich sollte in Trier ein Konzert mit Federico Albanese spielen und weil es mein Geburtstag war, begleitete mich mein Freund. Wir kamen bei strömendem Regen an der Freilichtbühne an, und obwohl der Booker die Show stattfinden lassen wollte, mussten wir den Soundcheck auf halbem Weg abbrechen, weil es gewitterte und blitzte. Am Ende hatten Federico, mein Freund und ich also nur ein leckeres Abendessen und Moselwein anstelle eines Konzerts. Und irgendwie fühlte sich das wie die richtige Art zu feiern an.“
Tara Nome Doyle – Happy Birthday
Patrick, wie sollte ein Geburtstag aus deiner Sicht aussehen?
„An meinem Geburtstag braucht es zum Glücklichsein mein Flügelhorn, meine Trompete, mein Klavier, meinen Moog, meinen Kontrabass, ein paar Mikrofone und das Telefon im Flugmodus.“
lilabungalow – Happy Birthday
Ganz nach unserer Devise gilt auch für die nächsten 12 Monate, dass wir nicht vorhaben, aufzuhören mit dem, was wir gern tun. Nämlich euch und uns weiter durch die Unwinde zu steuern und nach verborgenen Schätzen in der Flut Ausschau zu halten! Ahoi!
Kommentar verfassen